35 Jahre MauerfallGemeinsam erinnern, zusammen aufarbeiten - Ausstellung am Mauerweg eröffnet
Auch Bürgermeister Michael Schwuchow blickte in seiner Rede vor etwa 50 Teilnehmenden auf die Ereignisse des Jahres 1989 zurück:
"28 Jahre, zwei Monate und 28 Tage. So lange stand die Berliner Mauer und brachte Leid, Schrecken und Tod. Der Fall der Berliner Mauer wurde zum Symbol für das Ende der SED-Diktatur, für das Ende des Kalten Krieges sowie der Teilung Deutschlands und Europas. Ein neues Zeitalter begann. Die Grundlage zur deutschen Wiedervereinigung war geschaffen.
Bis zum heutigen Tag begleitet uns die deutsche Teilung als Trauma. Dabei dürfen auch die Erfahrungen der Nachwendejahre bei der Aufarbeitung dieser Zeit nicht ausgeklammert werden. Denn Frieden und Freiheit wurden teils teuer erkauft. Besonders die Ostdeutschen, die durch ihren Mut, ihre Hartnäckigkeit und ihren unbändigen Freiheitswillen, die Wiedervereinigung überhaupt möglich gemacht haben, hatten nach der Wende zu leiden. Teilweise machte sich das Gefühl von Chancen- und Machtlosigkeit breit. Nicht wenige fühlten sich als Menschen zweiter Klasse.
Gleichzeitig fehlte vielen Westdeutschen das nötige Feingefühl. Herablassende Kommentare, dumme Witzchen und ein gewisses Gefühl der Überlegenheit schwangen nicht selten mit. Stereotype bildeten sich aus und werden bis heute kultiviert.
Die zwiespältigen und oft auch verletzenden Erfahrungen, die viele Ostdeutsche in den ersten Nachwendejahren machen mussten, dürfen keinesfalls als Kollateralschäden in die Geschichte eingehen, sondern müssen ebenso aufgearbeitet und als ernstzunehmendes politisches Problem behandelt werden, das bis heute aktuell ist.
Nur wenn wir es schaffen, zu vermitteln, dass die Zeit der Zweistaatlichkeit, die gemeinsame Geschichte aller Deutschen ist, kann endlich auch die Mauer in den Köpfen fallen.
Es war ein langer Weg, seit dem 9. November 1989 - und es sind immer noch einige Schritte zu gehen. Aber es lohnt sich, denn dieses einmalige Ereignis des Mauerfalls hat uns Frieden und Sicherheit gebracht, Freiheit und Demokratie garantiert und zu einem starken, vereinten Europa geführt. Es hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind."
An der Gedenkveranstaltung nahm auch eine Delegation aus unserer litauischen Partnerstadt Kretinga teil. Bürgermeister Antanas Kalnius besuchte die Gemeinde, um Kontakte zu knüpfen, Gespräche zu führen und sich untereinander auszutauschen. Michael Schwuchow:
"Die Ereignisse rund um den russischen Angriffs-Krieg gegen die Ukraine können durchaus als Folge des Mauerfalls gedeutet werden. Der Aggressor wünscht sich eine Zeit zurück, in der Europa gespalten ist und die Macht des Stärkeren regiert. Wir dürfen das nicht zulassen!
Auch deshalb ist es heute wichtiger denn je, dass wir fest Zusammenstehen und unseren Weg weiterverfolgen. Durch unseren regelmäßigen Austausch und unsere gegenseitigen Besuche setzen wir ein kleines, aber sichtbares Zeichen für ein geeintes Europa. Wir stehen zusammen und werden uns unsere freiheitlich-demokratische Lebensweise nicht mehr nehmen lassen.“
Outdoor-Ausstellung eröffnet
Entlang des Mauerwegs ist zwischen dem Mauerfall-Denkmal an der B96 und der neuen Unterführung der Dresdner Bahn eine Ausstellung zu besichtigen. Die Inhalte wurden von der Bundesstiftung "Aufarbeitung" zur Verfügung gestellt und vermitteln einen Eindruck von dem bisher beschrittenen Weg. Die Ausstellung soll erinnern und gleichzeitig mahnen, dass das Ende des Weges noch nicht erreicht ist.
Jede der 20 Tafeln enthält neben einem Ausstellungstext, sechs Fotos sowie einen QR-Code, der auf audiovisuelle Begleitmaterialien im Internet verweist. Die Ausstellung ist noch bis Ende November zu besichtigen.