Corona-"Spaziergänge"Offener Brief des Bürgermeisters
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir leben in besonderen Zeiten. Die Corona-Pandemie hat uns aus unserem sicher geglaubten Alltag herausgerissen. Ungewissheit und Sorge haben in den letzten Monaten das Leben vieler Menschen geprägt. Eine Ausnahmesituation, mit der jede und jeder anders umgeht. Einige fügen sich ihrem Schicksal, andere stellen Fragen, einige suchen Lösungen und andere ihre eigene Wahrheit.
So unterschiedlich die Einstellungen der Menschen auch sind, eines ist deutlich: Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hält sich - auch wenn es schwerfallen mag - an die Maßnahmen und Empfehlungen und schützt damit, so abgedroschen es mittlerweile klingen mag, nicht nur sich selbst, sondern auch unsere Mitmenschen.
Politisch motiviertes Spazierengehen
Doch es gibt auch eine andere Seite. Die Zahl der Corona-Demonstrationen nimmt in den letzten Wochen und Monaten deutschlandweit zu. Auch in unserer Gemeinde treffen sich regelmäßig kleinere Gruppierungen, um gegen die Maßnahmen zu demonstrieren. Es handelt sich hier - und das ist mir wichtig klarzustellen - um eine verschwindend kleine Minderheit, die jedoch umso lauter und aggressiver auf der Straße und in den sozialen Medien die Menschen verunsichert, die Fakten verkehrt und der Demokratie gezielt Schaden zufügt.
Ich möchte an dieser Stelle niemanden bekehren. Es ist verständlich, dass im dritten Corona-Jahr in Folge die Nerven blank liegen, dass die Kraft ausgeht und dass man ob der Maßnahmen und Vorgaben müde und ausgelaugt ist. Es ist Ihr gutes Recht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für Ihre Sache einzutreten. Ich kann und möchte es keinem verbieten.
Gleichzeitig appelliere ich an die Vernunft eines jeden Einzelnen, solchen Veranstaltungen fernzubleiben. Zum einen, um das ohnehin schon dynamische Infektionsgeschehen nicht noch mehr anzuheizen und zum anderen, um Demagogen, Krawallmacher und rechte Stimmenfänger, die elementarer Bestandteil dieser Zusammenkünfte sind, nicht zu unterstützen.
Moral und Verhältnis wahren
Im Rahmen dieser „Spaziergänge“ kommt es immer wieder zu Äußerungen, die für viele schwer zu ertragen sind und die ich nicht unkommentiert lassen kann.
So wird eine der bahnbrechendsten, friedlichen Revolutionen unserer deutschen Geschichte durch die sogenannten Montagsspaziergänge der Corona-Kritiker instrumentalisiert. Im Jahr 1989 haben Menschen mit den sogenannten Montagsdemonstrationen wirklich viel riskiert, als sie auf die Straße gingen, um für ihre Freiheit zu kämpfen. Ich empfinde es als unehrenhaft und
anmaßend, die Erinnerungen und die Emotionen dieses Freiheitskampfes zu nutzen und die Ideale dieser mutigen Bewegung zu missbrauchen.
Mehr noch: Regelmäßig wird die stabile und klare freiheitlich-demokratische Ausrichtung unseres Landes im Rahmen der Corona-„Spaziergänge“ offen in Frage gestellt. Die Corona-Schutzmaßnahmen, die der Sicherheit und Unversehrtheit unserer Mitmenschen dienen, werden als Taten einer Diktatur verschrien. In Diktaturen sterben täglich Menschen, die von der Staatsgewalt willkürlich verfolgt, drangsaliert und ohne juristisches Verfahren ermordet werden. Insofern ist dieser Vergleich eine unerträgliche Respektlosigkeit gegen die Opfer von Diktaturen und deren Angehörigen.
Doch es geht noch geschmackloser. So fallen im Umfeld von Corona-Versammlungen und Kundgebungen immer wieder Teilnehmende auf, die einen Davidstern tragen auf dem "Ungeimpft" steht. Ferner verfallen Corona-Leugner und Kritiker vermehrt in schwer auszuhaltende Rhetorik und setzen sich auf infame Weise mit den Opfern des Faschismus gleich. Die Regierenden und die, die den Corona-Maßnahmen folgen, werden mit den Nationalsozialisten gleichgesetzt.
Damit wird eindeutig eine Grenze überschritten. Nicht nur auf moralischer Ebene sind solche Vergleiche unerträglich. Das unendliche und unvorstellbare Leid und die Qualen der Opfer des Nationalsozialismus auf solch skrupellose Weise, mit der heutigen Situation zu vergleichen und für eigene Zwecke zu missbrauchen, hat für mich absolut nichts mehr mit freier Meinungsäußerung zu tun. Ich fordere daher die Betreffenden auf, ihr Verhalten tunlichst zu hinterfragen und zu Anstand und Respekt zurückzukehren.
Ich nehme mir die Zeit um Zuzuhören, wenn Sie Ängste, Bedenken und Fragen haben. Gemeinsames Verständnis ist die Grundlage für gemeinsames Handeln. Lassen Sie sich nicht von rechter Propaganda instrumentalisieren.
An dieser Stelle möchte ich jeden Einzelnen ermutigen, den Personen, die im Alltag durch Nazi- oder Diktatur-Vergleiche auffallen, verbal entgegenzutreten. Es ist nötig, diese Menschen auf die Geschmacklosigkeit und die moralische Verfehlung hinzuweisen. Jede Stimme gegen dieses Verhalten ist ein deutliches Zeichen, dass es so keinesfalls weitergehen darf!
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
besonders in schwierigen Zeiten ist es unerlässlich, dass wir trotz steigender Inzidenzen und anhaltender Corona-Maßnahmen, unserem Gewissen und unseren Werten treu bleiben. Nur durch solidarisches Verhalten und Rücksicht auf unsere Nächsten lässt sich die Pandemie zurückdrängen. Bleiben Sie bitte stark, bleiben Sie aufmerksam und bleiben Sie fair. Und vor allem: Bitte bleiben Sie gesund!
Ihr
Michael Schwuchow
Bürgermeister
Blankenfelde-Mahlow, 14.01.2022
- Wir sind mehr! - Unterstützende
Der Appell von Bürgermeister Michael Schwuchow wird von folgenden Personen und Institutionen unterstützt:
- Karin Wegmann -Vorsitzende des Kreisverbands Teltow-Fläming BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- Christa Schubert
- Monika Uwer-Zürcher, Gemeindekirchenrätin Ev. Kirche Blankenfelde
- Helmut Uwer, Ortsbeirat Blankenfelde
- Thomas Reichert, Pastor der Ev.-Freikirchlichen Gemeinde Blankenfelde (Baptisten)
- Sara Lietsch
- Marcel Lietsch – Mitglied der Gemeindevertretung
- Thomas Hartmann und Ute Hartmann
- Anke Scholz – Mitglied der Gemeindevertretung
- Alexander Korsch – Mitglied der Gemeindevertretung Fraktion BAM/FDP
- Angelika Tepper - Gemeindevertreterin für die LINKE, Mitglied im Ortsbeirat Mahlow
- Torsten Rein - Beisitzer im Ortsvorstand FDP Blankenfelde-Mahlow
- Cornelia Conradt
- Uwe Conradt
- Florian Sokoll
- Horst Leyer
- Wolfram Eiser
- Regina Bomke - Vorsitzende CDU-Gemeindeverband Blankenfelde-Mahlow
- Bea Philipp-Habicht
- Vera Hellberg - Ortsvorsteher Mahlow, Mitglied der Gemeindevertretung
- Rosa Loy - Mitglied des Ortsbeirats Blankenfelde
- Ulrike Voigt - Pfarrerin der Ev. Invitaskirchengemeinde Glasow-Mahlow
- Hans-Joachim Kutzner
- Roland Scharp - Vorsitzender der Gemeindevertretung
- Katja Grassmann - Mitglied der Gemeindevertretung
- Heike Richter - Bibliothekarin
- Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Ortsverband Blankenfelde-Mahlow
- Lars Radzymski – Mitglied der Gemeindevertretung
- Jenny Lang
- Bodo Lang
- Angelika Syring - stellvertretende Vorsitzende der AGS Bund in der SPD
- Doris Kawel
- Siegfried Kawel
- Stefan Schmitz
- Katja Geisthardt
- Nadja Ueberschär
- Olaf Ueberschär
- Michael Wedel - Landesvorsitzender des DBV-Nordost
- Kerstin Heinrich-Stewart
- Ute Hönig
- Bernd Hönig
- Jana Bicher
- Dietrich Bicher
- Jutta Krolik
- Jürgen Krolik
- Margit Enders
- Anette Berndt
- Kontaktformular
Bürgermeister Michael Schwuchow: "Ich habe jederzeit ein offenes Ohr für Menschen mit Ängsten, Bedenken und Fragen. Sprechen Sie mich an oder nutzen Sie das Kontaktformular auf der Internetseite unserer Gemeinde."